Neue Chancen – Neue Risiken

Neues Werkvertragsrecht zum 01.01.2018 (erschienen in der Zeitschrift Meister-Brief, Ausgabe 4/2017)

In der Sitzung vom 09.03.2017 hat der Bundestag das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung verabschiedet. Die Gesetzesänderungen werden zum 01.01.2018 in Kraft treten. Nachfolgend werden einige Änderungen zum Bau- bzw. Werkvertragsrecht kurz zitiert dargestellt.

1. Abschlagszahlungen

§ 632a BGB betrifft die Abschlagszahlungen. Dort gibt es im Wesentlichen zwei erhebliche Änderungen.

Bislang wurde die Höhe der Abschlagszahlung danach berechnet, welcher Wertzuwachs auf Seiten des Bestellers durch bisher erfolgte Leistungen erlangt wird. Nunmehr bemisst sich der Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der erbrachten und geschuldeten Leistungen. Insoweit liegt eine Annäherung an die Reglungen zu den Abschlagszahlungen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/B vor, was zu begrüßen ist.

Die weitere Änderung betrifft Mängeleinbehalte. Konnten bislang Abschlagszahlungen bei Vorliegen von wesentlichen Mängel der Bauleistung verweigert werden, so ist ausweislich der Neuregelung erheblich, ob ein wesentlicher oder unwesentlicher Mangel vorliegt. Der Auftraggeber muss in Höhe der trotz Mängel erbrachten Leistungen einen Abschlag zahlen. Er kann allerdings in der Regel das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten nach § 641 Abs. 3 BGB zurückhalten.

2. Abnahmefiktion

Reduziert werden die Regelungen zur fiktiven Abnahme. Danach gilt die Abnahme als erfolgt, wenn der Unternehmer nach Fertigstellung der Werkleistungen eine angemessene Frist gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb der Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert.

Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, so gilt das ab dem 01.01.2018 nach § 640 Abs. 2 BGB nur noch, wenn der Unternehmer den Verbraucher zusammen mit der Fristsetzung über die Folgen des Verstreichens der Frist ausreichend belehrt hat.

3. Recht zur außerordentlichen Kündigung

Mit § 648a BGB wird zum 01.01.2018 erstmalig das Recht zur außerordentlichen Kündigung gesetzlich geregelt.

4. Anordnungsrecht des Auftraggebers

Nach § 650b BGB wird nunmehr erstmalig auch das Anordnungsrecht des Auftraggebers geregelt. Entsprechende Bestimmungen gab es bislang nur in der VOB/B (§ 1 Abs. 3 VOB/B – § 1 Abs. 4 VOB/B).

Mit dem Anordnungsrecht nach § 650b BGB korrespondiert wiederum § 650c BGB.

Soweit Anordnungen des Auftraggebers nach § 650b BGB getroffen werden, welche eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs beinhalten oder die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig sind, ist eine Vergütungsanpassung nach § 650c BGB vorzunehmen.

Äußerst interessant ist, dass bei der Berechnung von vereinbarten oder nach § 632a BGB geschuldeten Abschlagszahlungen der Unternehmer 80 % einer in einem Angebot nach § 650b Abs. 1 BGB genannten Mehrvergütung ansetzen kann, wenn sich die Parteien über die Höhe nicht geeinigt haben.

Nach § 650d BGB kann ein Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe von 80 % im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gerichtlich geltend gemacht werden, was absolut neu ist.

5. Nach § 650g BGB kann bei Verweigerung der Abnahme eine Zustandsfeststellung gefordert werden. Der Besteller hat auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Zustandsfeststellung mitzuwirken, die protokolliert und von beiden Seiten unterzeichnet werden sollen.

Wirkt der Besteller in diesem Zusammenhang nicht mit, kann das im Ergebnis zu einer Fiktion der Abnahme führen.

6. Verbraucher-Bauvertrag

Der Verbraucher-Bauvertrag wird geregelt in dem §§ 650i ff. BGB. Danach geht es um Werkverträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Ein solcher Verbraucher-Bauvertrag bedarf zwingend der Schriftform. Des Weiteren ist dem Verbraucher eine Baubeschreibung zu übergeben.

Ebenso sind beim Verbraucher-Bauvertrag erhebliche Informationspflichten des Bauunternehmers zu beachten. Dazu gehören verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung oder zumindest zur Dauer der Bauausführung.

Es ist also besondere Aufmerksamkeit geboten, wenn zukünftig neue Gebäude errichtet oder aber erhebliche Umbaumaßnahmen beauftragt werden.

7. Architektenvertragsrecht

In dem §§ 650p ff. BGB wird ab dem 01.01.2018 der Architekten- und Ingenieurvertrag einer gesetzlichen Definition zugeführt. Es wird zudem in das Gesetz eine sogenannte Zielfindungsphase mit Vergütungsanspruch eingearbeitet. Dies vor dem Hintergrund, dass immer wieder Streit entstand über die Frage, ob Planungsleistungen eines Architekten schon als beauftragte Leistungen zu vergüten waren oder aber noch als Akquisetätigkeit angesehen werden mussten, was zur Folge hatte, dass keine Vergütung beansprucht werden konnte.

8. Kaufrecht

Mit der Änderung nach § 439 Abs. 3 BGB wird der Regress eines Unternehmers gegen seinen Lieferanten erleichtert. Verbaut der Unternehmer fehlerhaftes Material, haftet er dem Besteller für die Kosten des Aus- und Einbaus des mangelfreien Materials und auch für die Lieferung des mangelfreien Materials.

Nach der zum 01.01.2018 in Kraft tretende Neuregelungen dürfte es einen Baustofflieferanten nicht möglich sein, durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in Abweichung von § 439 Abs. 3 BGB auszuschließen, dass die Kosten für den Aus- und Einbau des Materials von ihm zu übernehmen sind.